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Die prozedurale Komplexität gibt einen Anhaltspunkt über das Anspruchsniveau der Mathematikaufgaben. Mit Hilfe eines dreistufigen Beurteilungsrasters wurde jede Aufgabe in den Lektionen auf Grund ihres Lösungswegs als (1) wenig komplex, (2) mittel oder (3) hoch komplex eingestuft. Diese Einstufung basiert auf der Anzahl der Schritte, die zur Lösung der Aufgabe notwendig sind.
Wie Abbildung 1 zeigt, wurden in allen Ländern mehrheitlich wenig komplexe Aufgaben gelöst, mit Ausnahme von Japan. Höchstens 12% (Schweiz) der gelösten Aufgaben wurden in diesen Ländern als hoch komplex eingestuft. Anders in den japanischen Lektionen, in denen ein wesentlicher Anteil der Aufgaben als hoch oder mittel komplex eingestuft wurde.
Die Vermutung, der deutlich höhere Anteil an komplexen Aufgaben in den japanischen Lektionen könnte durch das Übergewicht von Geometrieaufgaben verursacht sein, trifft zum Teil zu: Werden aus allen Ländern nur die Lektionen einbezogen, in denen Geometrie unterrichtet wird, verkleinert sich die Differenz zwischen Japan und den übrigen Ländern, bleibt aber tendenziell erhalten.
Untersucht wurde auch, ob in den Lektionen mathematische Beweise vorkommen. Wie Abbildung 2 zeigt, ist dies in allen Ländern eher selten bis nie der Fall. Einzig in Japan enthalten 39% der Lektionen mindestens einen mathematischen Beweis.
Für die inhaltliche Kohärenz einer Lektion ist es von Bedeutung, wie die Aufgaben aufeinander bezogen sind, welche im Laufe der Lektion bearbeitet werden. Um dies festzustellen, wurde für jede Aufgabe erfasst, in welcher Beziehung sie zur vorhergehenden steht:
Die Aufgabe ist im Wesentlichen gleich wie die vorhergehende, d.h. es müssen die gleichen Lösungsschritte ausgeführt werden.
Die Aufgabe steht in einem spezifischen mathematischen Zusammenhang zur vorherigen (z.B. Erweiterung, Vereinfachung, Elaboration) und ist keine blosse Wiederholung.
Die Aufgabe steht in keinem mathematischen Zusammenhang zur vorhergehenden, aber sie ist thematisch verwandt (z.B. gleiche Alltagssituation als Kontext).
Abbildung 3 macht deutlich, dass in allen Lektionen mit Ausnahme der japanischen der überwiegende Teil der Aufgaben in einer repetitiven Beziehung zur vorhergehenden Aufgabe steht. Das stimmt mit dem Befund überein, dass in allen Ländern mit Ausnahme Japans ein grosser Teil der Unterrichtszeit für das Repetieren und das Üben und/oder Anwenden verwendet wird (vgl. "Unterrichtsgliederung"). Der Anteil von Aufgaben, die zur vorhergehenden Aufgabe in einer spezifischen mathematischen Beziehung stehen, ist in Japan deutlich höher als in allen anderen Ländern. In japanischen Lektionen nimmt denn auch die Einführung von neuen Inhalten einen wesentlichen Anteil der Unterrichtszeit ein. Dieses Ergebnis weist darauf hin, dass gesamthaft das Lösen von repetitiven Übungsaufgaben die zentrale Aktivität im Mathematikunterricht ist, sofern nicht neue Inhalte eingeführt werden.
Querverweis: Unterrichtsgliederung