Navigation auf uzh.ch
Ausgehend von einem Diskurs um Prostitution, mit dem für die als sozialstaatliche Unterstützungs- und Bearbeitungsinstanz agierende Soziale Arbeit insbesondere normative Implikationen einhergehen, wird in der vorliegenden Studie der Alltag der aufsuchenden Sozialen Arbeit im Kontext Prostitution in seiner situativen Dimension in den Mittelpunkt gestellt.
Das Verhältnis von Körper, Prostitution und Sozialer Arbeit lässt sich innerhalb der wissenschaftlichen Auseinandersetzung als ein eher marginalisiertes und kaum bearbeitetes Feld bezeichnen. Dies ist insofern verwunderlich, als davon auszugehen ist, dass gerade im Feld der Prostitution der Körperlichkeit eine besondere Relevanz zugesprochen werden kann. Sexarbeit kann dabei nicht nur als eine körperbezogene Tätigkeit bezeichnet werden, sondern der Körper der Sexarbeiter*innen wird zudem immer wieder diskursiv als der ‚andere‘, der ‚fremde‘ Körper konstruiert, der im Widerspruch zu hegemonialen Vorstellungen von Sexualität und Körperlichkeit steht. Dies stellt mitunter die Legitimation für Soziale Arbeit dar, in diesem Kontext tätig zu sein. Im Zentrum der Untersuchung stehen die folgenden Fragen, die durch eine leibphänomenologisch-praxeologische Perspektive sowie eine ethnographische Herangehensweise detailliert beleuchtet werden:
Die Studie stellt zum einen eine Ethnographie der aufsuchenden Sozialen Arbeit im Kontext Prostitution dar, die insbesondere den Paradoxien und Ungewissheitsverhältnissen professionell handelnder Sozialarbeiter*innen nachspürt. Zum anderen kann sie als eine körpersoziologisch informierte erziehungswissenschaftliche Studie in einem sozialpädagogischen Handlungskontext verstanden werden, die soziale Praktiken zwischen Sozialarbeiter*innen und Sexarbeiter*innen in ihrem körperleiblichen Vollzug in den Blick nimmt. Ziel der Studie ist es, mit detaillierten empirischen Analysen der sozialen Besuchssituationen von Sozialarbeiter*innen im Kontext Prostitution Erkenntnisse über den situativen Vollzug von Arbeitsbeziehungen in einem prekären Arbeitsfeld hervorzubringen, die der Fragilität und dem Scheitern von Praktiken als konstitutive und strukturell bedingte Möglichkeit sozialpädagogischer Beziehungsarbeit Rechnung tragen.
Damit rückt die körperleibliche Dimension sozialer Praktiken während der sozialen Besuchssituationen der Sozialarbeiter*innen in der Arbeitsumgebung der Sexarbeiter*innen in den Fokus. Mit ihrem Körper treten Sozialarbeiter*innen und Sexarbeiter*innen über Gestik, Mimik, Blicke, aber auch Körperbewegungen und -haltungen miteinander in Beziehung. Körper kann nicht nur als ein Medium der Verständigung verstanden werden, sondern mit dem Körper werden auch soziale Positionierungen und Adressierungen verhandelt, die als Praktiken der Aushandlung von Machtverhältnissen, von Unterstützungs- und Hilfsbedürftigkeit im sozialpädagogischen Kontext zu lesen sind. Als solche gehen sie mit unterschiedlichen (Un)Möglichkeiten und (Un)Gewissheitsverhältnissen für die jeweiligen Akteur*innen einher.